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Claus Bachs Bildarchiv: Sportliche Performance

08. September 2021 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Das Wimaria Stadion liegt am Stadtring Weimars. Genauer gesagt an der Fuldaer Straße Nummer 113. Es trägt den Namen der Schutzgöttin der Stadt und wurde1928 erbaut. Als Teil des sogenannten Asbach-Grünzuges, nach Plänen des Architekten und Stadtbaudirektoren August Lehrmann. Es hat eine Kapazität für 12.000 Besucher. Neben dem Grünzug wird es von Ein- und Mehrfamilienhäusern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts umrankt. Über die Jahre haben sich deren Bewohner an den üblichen periodisch wiederkehrenden Sound diverser Sportveranstaltungen gewöhnt. Nach zwei bis drei Tagen war alles vorbei und wieder Ruhe. Doch damit scheint es nun vorbei zu sein. Denn in den letzten sechs Tagen drangen ungewöhnliche Geräusche aus dem Sportareal. Eine rätselhafte Mixtur aus Fanfaren- und Trommelklängen, welche an Pioniermärsche aus DDR-Zeiten erinnerten. Des Weiteren vermeintlich atonale Gesänge, schrille Jazz-Klänge, unterlegt von diversen Trommelsounds. Im Stadion selbst waren nicht unbedingt sportlich agierende Personen auszumachen. Nachts drehte ein PKW auf der rötlichen Aschenbahn ungeniert seine Runden. Kurzum, alles war anders. Jene Klangcollagen sind die Proben für das zeitgenössische Musiktheater der Berliner Kompanie "Novoflot". Heute und in den darauffolgenden zwei Tagen führt die Theatergruppe explizit aussortierte Passagen einer Oper des italienischen Komponisten Claudio Monteverdi aus dem 17. Jahrhundert auf. Und hier erhält auch der ausgewählte Ort einen Sinn. Denn besagter Kompanie geht es nicht um originalgetreue Wiedergabe. Sondern um ein musikalisches Finale, was einem sprichwörtlichen Endspurt auf der Zielgeraden gleich kommt.
Eine kluge und außerordentlich ironische Angelegenheit, die auch noch zum Mitmachen auffordern will. Inklusive Risiken und Nebenwirkungen.
Das ist spannender Tobak für Anrainer und vor allem für die Besucher der Veranstaltung. An einem ungewöhnlichen, aber doch passendem Ort. Der zum ersten Mal vom Kunstfest bespielt wird. Ein feines Omen. Verbunden mit der Ansage, die Weimarer Kunstfestblase ein weiteres Mal in der Öffentlichkeit platzen zu lassen.

(Claus Bach)

 

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Autor: nbv