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Claus Bachs Bildarchiv: "Alle reden vom Wetter...
17. April 2018 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Wir nicht". Mit diesen Worten warb die Deutsche Bundesbahn in den 1960er Jahren für ihre Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit vom Wetter. Unter dem Foto einer schneebedeckten Diesellok war der Slogan in fetten weißen Lettern auf schwarzem Grund zu lesen. Und die Ansage wurde fast eins zu eins in die Realität umgesetzt. Die Züge fuhren nach Fahrplan und waren richtig pünktlich. Souverän also. Heute gilt diese Kampagne als die erfolgreichste der Bundesbahn. Zumal ihr Spruch verschiedenste Abwandlungen in andere Werbe-Aktionen wie Autoreklamen, Finanzanlagen und Currywurstbuden erfuhr. Selbst der Sozialistische Deutsche Studentenbund nutzte den Slogan 1968 für sein wohl berühmtestes Plakat: Anstelle der verschneiten Lok waren nun die drei Politköpfe Marx, Engels und Lenin auf selbstverständlich rotem Grund abgebildet. Die Deutsche Bundesbahn spielte eine Vorreiterrolle in Sachen Originalität, Werbeversprechen und dessen realer Umsetzung. Das mag man heute kaum mehr glauben. Im zeitgenössischen Licht erscheint die alte Kult-Kampagne fast surreal. Nahezu alle Aktivitäten des teilprivatisierten Verkehrsträgers haben sich in ihr bizarres Gegenteil verwandelt: Die Jahreszeit zwischen den natürlichen Wetterplagen Winter und Sommer heißt im Volksmund schlicht „Lokführerstreik".
Für andere Pannen bedient man sich immer gern der technischen Phänomenologie: Von Fahrplanänderungen bis hin zu ersatzlosen Ausfällen diverser ICE-Verbindungen. Fehlende Neigetechnik hieß damals der Budenzauber für den Kulturstandort Weimar. Der koppelte ihn dann komplett vom ICE-Fernverkehr ab. Ein irres Ding. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit wär der Bahn noch was eingefallen angesichts der 1999er Kulturstadt-Relevanz des Ortes. Vielleicht mal eine unterstützende technische Aufrüstung. Jetzt aber erscheint sie wie ein altes DDR-Telefon: Geht nicht, gibt's nicht. Und Basta. Eigentlich müsste „Die Bahn" alle kommenden Aktionen der Weimarer Bürger und eines OB-Kandidaten für den Halt sämtlicher ICE-Züge mehr als gebührend honorieren. Als ob das Unternehmen eine Werbeagentur beauftragt hätte. Eine bessere Negativ-Reklame kann es gar nicht geben. In umgekehrter Erinnerung an vergangene Zeiten, versteht sich.
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