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Claus Bachs Bildarchiv: Ankunft und Aufbruch
15. Mai 2024 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Vor genau einer Woche war es soweit. Zeitgleich wurden drei Ausstellungen der zwei großen Stiftungen in Weimar eröffnet, die sich erneut der lokalen Historie der Klassikerstadt widmen. Was beileibe nichts Neues wäre. Denn sowohl die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald als auch die Klassik Stiftung arbeiten sich in Ausstellungsprojekten seit Jahren an ihrer Geschichte ab. Jede für sich.
Doch diesmal wurde erstmals gemeinsam an einem Inhalt agiert. Während die Klassik Stiftung die Lebenslinien vieler Angehöriger der Bauhaus – Designschule vor und während der Zeit des Nationalsozialismus nachzeichnet, widmet sich die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald explizit den Zwangsarbeitern jener Zeit. Und das passiert eben nicht fernab auf dem Berg, sondern im Herzen der Stadt. Denn das neue Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus ist nun am Ort der damaligen Täter installiert. Dem Gauforum Weimar.
Von hier aus wurde ab 1942 die Deportation von Zwangsarbeiter:innen in das Deutsche Reich organisiert und verwaltet. In jahrelanger Bauarbeit hat sich dieses neue Museum buchstäblich in die brachial-monumentale Nazi-Architektur hinein gefressen. Das spürt man sofort beim Betreten des Haupthauses Nr.1. In seinem Herzen trifft man auf viele identisch aussehende Info-Boxen und jeweils kompatible Dokumentarfotos, die das Ausstellungsgeschehen dominieren. Unter dem Oberlicht des großen Kinosaals der ersten Etage wird es erstmals möglich, mittels individueller Biografien die Schicksale vieler Zwangsarbeiter:innen nachzuverfolgen. Fast gerät die Sache dabei zu einer Art Dokumentations-Labyrinth, das es erstmal abzuarbeiten gilt. Doch es hat eine Reihenfolge, die die Mühe lohnt. Denn in dieser komprimierten Art kommt man den vielen Opfern jenes mutwillig menschenvernichtend agierenden Systems außerordentlich nahe. Und auch außen wurde eine Marke gesetzt. Seit nunmehr elf Tagen trägt der unvollendete Turm in großen Metall-Lettern den Namen des Museums. Was einerseits als Eingriff in das denkmalgeschützte Gebäudeensemble kritisiert wird, gilt andererseits als überfälliges Zeichen im nun vollständigen "Quartier der Moderne". Und das ist auch gut so. Denn merke dabei: Viele Widersprüche werden offen bleiben. Denn genau das ist der Quantensprung des lokalen Geists der Kleinstadt an der Ilm.
Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv: Ankunft und Aufbruch