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Claus Bachs Bildarchiv: Frau gegen Platte

26. März 2025 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Nachdem sich eine sehbehinderte Weimarer Bürgerin im November 2022 beim Betreten des Platzes vor dem Bauhaus Museum in Weimar gleich mehrere Knochenbrüche zugezogen hatte, verklagt sie nun die Stadt Weimar. Laut Lokalpresse will sie aber nicht nur Schadenersatz. Sondern will damit zukünftig weitere Unfälle verhindern. Ob und wie das funktionieren soll, verhandelt nun das Landgericht Erfurt. So gerät die Angelegenheit zum Menetekel und wird Anlass für einer Bestandsaufnahme besagten Platzes samt Museumsneubau. Alle angepflanzten Bäume auf dem neuen Platz Weimars sind gewachsen und werden wohl bald wieder in Blüte stehen. Was schon mal eine gute Nachricht ist. Dahinter erhebt sich wie eine steinerne Trutzburg der Monolith des Museums. Als ordinärer Hochbunker. In Beton eingefasste, architektonische zeitgenössische Antwort auf den gewaltigen Gebäudekomplex des ehemaligen Gauforums. Kurzum, ein komplett verplattetes Ensemble in geronnenster Form. Hier hat die Architektin Wort gehalten. Indem sie Gleiches mit Gleichem vergolten hat. Schließlich hat es die Fachjury damals so durchgewunken. Platte gegen Platte, Beton gegen Beton, dass es nur so trümmert. Doch was anfänglich nachvollziehbar und architekturtheoretisch überzeugend gewesen sein mag, wirkt im realen Leben außerordentlich ernüchternd. Denn die vermeintlich erhellende Idee der minimalistisch agierenden Architektin will im realen Leben nicht wirklich überzeugen. Auch nicht nach sechs Jahren der vermeintlichen Eingewöhnung an etwas Neues. Heraus gekommen ist ein mutwilliger Platz-Brutalismus der 1960iger Jahre, welcher andernorts längst überwunden wurde. Nicht die kleinste Spur ökologischer Nachhaltigkeit. Da helfen auch keine parkseitig begrünten Hohlwege um das Gebäude. Auf dem neu geschaffenen Plattenplatz verweilt niemand wirklich gern und neigt eher zum hastigen Überqueren denn zum Verweilen. Einzig die lokalen Skater und Radfahrer hatten ihn sofort in Besitz genommen und kollidieren bisweilen mit Besuchern des Museums. Auch hat sich die Front des Gebäudes als ideale Projektionsfläche für das jährlich stattfindende Genius-Loci-Videomapping-Festival erwiesen. Doch selbst in der Dämmerung hat es seine ästhetischen Schleuder. So erwies sich die horizontale Wandstreifenbeleuchtung des Museumsbaus über die Jahre als äußerst störanfällig sprich lückenhaft. Bei positiver Interpretation könnte man das noch als konzeptuelle Lichtkunst durchgehen lassen. Romantischer verhält es sich bei einem Spaziergang durch den angrenzenden Weimarhallenpark. Der sei zu jeder Tageszeit und vor allem in der frühjährlichen Dämmerung empfohlen. Wenn die Bäume des Parks noch nicht belaubt sind. Dann blickt man über den Gondelteich auf das neue Areal und nimmt das schwebende Museum als im Teich als gespiegeltes Gebäude – Ensemble wahr. Einzig jener Blick mag etwas versöhnen. Wenn man ihn denn wirklich sucht

 

Claus Bach

Claus Bachs Bildarchiv: Frau gegen Platte

Autor: nbv