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Claus Bachs Bildarchiv: Ich bin stolz

01. Dezember 2022 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

 "Ich bin stolz und auch zufrieden, dass wir zurückgekommen sind. Ich glaube, es war ein Spiel auf Augenhöhe. Der neutrale Fan hat ein tolles Fußballspiel gesehen." Das kommentierte DFB-Bundestrainer Hansi Flick nach dem Unentschieden gegen die spanische Nationalmannschaft während der diesjährigen Fußball-WM. Und auch die Spieler selbst hatten sich offensichtlich aus dem Tal der Enttäuschung herausgespielt. Nationalspieler Thomas Müller beschrieb das folgendermaßen: „Wir haben die Situation angenommen, und das stimmt mich positiv für die hoffentlich kommenden KO-Spiele." Jene Statements haben der Sache ungewollt dialektische Dimensionen verliehen. Denn so anstrengend kann also das Sein manchmal sein. Jedenfalls dann, wenn besagter Ball und seine Spieler zum Maß aller Dinge werden. Und wie sich so etwas als pseudophilosophischer Kommentar eines Fußballspiels anhören kann, beweist nachfolgender Fachtext zur Sache. Doch Vorsicht.
Denn selbstverständlich geizt er nicht mit Fremdworten: Die apodiktischen Entscheidungen der Unparteiischen unterbanden jeglichen kreativen Impetus der Kontrahenten. Sie wirkten sich entsprechend restrukturierend aus. Klandestine Ängste vieler Akteure traten schlagartig zu Tage.

Auf rein pragmatischer Ebene vollzog sich ein deutlicher Paradigmenwechsel. Spielerische Momente wurden obsolet. Anstelle rein improvisatorischer Aktivitäten dominieren nun stringent resultative das Geschehen. Was mimetische Begehrlichkeiten auf beiden Seiten weckte. Dabei bleiben allerdings probate Mittel wie das akzelerierte Forechecking erhalten. Welches wiederum im krassen Gegensatz zu auffällig retardierenden Bewegungen steht. Die Eupraxie der einzelnen Operateure wurde in Mitleidenschaft gezogen und verlor an Gewicht. Das zieht gewisse atavistische Momente zwischen den Sinn stiftenden Massen nach sich. Zwar ist das Individuum immer noch Teil der auratischen Masse. Aber es gerät zunehmend unter das Diktum eines ephemeren synchronen Spektakels. Die prononcierte Ambivalenz der Unparteiischen wird umso mehr zum Katalysator des Geschehens. Daran können freilich auch die eloquenten Konzepte der jeweiligen Trainer nichts mehr ändern. Offen bleibt allerdings, wie stark sich die zukünftige Negation existierender Reglements in Zukunft auf die prosperierende Dynamik der Ereignisse auswirkt.

So durchtrieben könnte ein Kommentar im November 2022 klingen und vielleicht eine neue Zielgruppe ins Auge fassen: Die der Fußbal-Hasser. Denn das sind neuerdings nicht nur die üblichen kulturellen Feingeister.

(Claus Bach)

Claus Bachs Bildarchiv: Ich bin stolz

Autor: nbv