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Claus Bachs Bildarchiv: Nimm das Geld und renn!

06. Oktober 2021 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Nimm das Geld und renn! - So nennen sich zwei Werke des dänischen Konzeptkünstlers Jens Haaning, die seit einigen Tagen im „Kunsten Museum Of Modern Art" der Stadt Aalborg zu sehen sind. Das Besondere daran: Es sind zwei komplett leere weiße Leinwände zu sehen. Rechteckig und im Querformat. Das Kunstmuseum hatte dem Künstler dafür zuvor 70.000 Euro per Vertrag zur Verfügung gestellt. Allerdings sollte er keine leeren Leinwände abliefern, sondern zwei Reproduktionen seiner Werke aus den Jahren 2007 und 2010. Damals hatte er echte Geldscheine verwendet und sie auf jene Leinwände geklebt. Seine Idee war, die durchschnittlichen Jahreseinkommen einer dänischen und österreichischen Familie darzustellen. In einer Pressemitteilung erklärte der Künstler den Sinn seiner irritierenden Aktion: Er wolle auf die prekären Arbeits- und Lebensverhältnisse von Künstler:innen hinweisen und die feudalistischen Strukturen des zeitgenössischen Kunstbetriebs offenlegen. Sein Statement lautet wie folgt:

"Die beiden Bilder sollen die Rechte von Künstlern und ihre Arbeitsverhältnisse in Frage stellen. Sie wollen für einen Diskurs sorgen, sodass sich Normen in der Kunstindustrie etablieren. Wir müssen die gesellschaftlichen Strukturen zu hinterfragen, in denen wir uns befinden."

Freilich lösten seine minimalistisch-verstörenden Kunstwerke Reaktionen verschiedenster Art aus. Die reichten vom kleinen medialen Skandal bis hin zum Lob für den Mut des Akteurs. Wobei seine Aktion nicht die erste jener Art ist. Denn schon immer hatten Konzeptkünstler die Mechanismen des zeitgenössischen Kunstbetriebs frech vorgeführt. So auch der italienische Kollege Piero Manzoni, der seine Exkremente im Jahr 1961 in handlichen kleinen Konservendosen zum Verkauf anbot.

Auf ihren Etiketten war der Inhalt süffisant angegeben: „Artist's shit", also Künstlerscheiße. In limitierter und signierter Edition von 90 Exemplaren.

Der Direktor des dänischen Kunstmuseums sieht die Sache allerdings gelassen. Er schätze den ironischen Charakter der Arbeiten Haanings schon sehr lange und ist sich sicher, dass jener seinen Vertrag mit dem Museum einhalten und das Geld bei Vertragsende am 16. Januar 2022 zurückgeben wird.

Derweil hat der Künstler angekündigt, das Geld behalten zu wollen und andere Kollegen/innen aufgefordert, es ihm gleich zu tun.

Das kann ja noch heiter bis wolkig werden.

(Claus Bach)

 

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Autor: nbv