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Claus Bachs Bildarchiv: Schmissiges Déjà-vu

24. Februar 2022 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Schon Jahre vor Beginn der Pandemie hatte es eine Art Ruck im TV-Bereich gegeben. Fast aus dem Nichts erlebte das angestaubte Serienformat einen unerwarteten Neustart. Seitdem löst nun eine Staffel die andere ab. Sowohl in den Streaming-Diensten als auch im Free-TV. Dabei wurde fast alles durchgenommen: Von Phantasie-Sagas über brillante Historienkrimis wie "Babylon Berlin" bis hin zum Science-Fiction-Endzeitthriller "Sløborn". Neuerdings werden nun auch wieder die frühen 1990iger Jahre des wiedervereinigten Deutschlands zum Thema. Eigentlich war das ja mit der Viererstaffel "Weissensee" und dem Dreiteiler „Preis der Freiheit" über das Schalck-Golodkowski-Imperium abgehakt. Doch nun wurde ein vergessenes Kapitel entdeckt und daraus eine neue Serie gestrickt. Die nennt sich kryptisch "ZERV". Benannt nach einer Behörde, welche die Nachwende-Kriminalität im wiedervereinigten Deutschland verfolgt und bisweilen aufgeklärt hatte. Ganz real wurde jene "ZERV" am 1.September 1991 als kriminalpolizeiliche Dienststelle beim Polizeipräsidium Berlin gebildet: Ausgesprochen nennt sie sich "Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität". Kaum jemand kann sich noch an diese Abteilung erinnern. Besagte TV-Serie nimmt nun selbstverständlich die komplexen Ermittlungen jener Behörde der frühen 1990iger Jahre durch. Verfolgt und manchmal aufgeklärt wurden meistens kriminell vernetzte Aktivitäten ehemaliger DDR-Funktionäre. Dabei treffen Polizeibeamt:innen aus der alten BRD auf jene der soeben untergegangenen DDR und sollen nun mal eben zusammen arbeiten.

Auf quasi neuem Territorium, welches aus den Sümpfen der jüngsten ostdeutschen Vergangenheit erwuchs. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen des Misstrauens und gegenseitiger Geringschätzung. So blickt man auf sarkastisch medialen Ost-West-Zündstoff in fast jeder Szene. Dank eines hervorragenden Schauspieler:innen-Ensembles geschieht das in einer überraschend realen und bisweilen schonungslos provokanten Art, die man so nicht wirklich erwartet hätte. Fernab jeglicher angegilbten Vereinigungsromantik und dergleichen. Selbst nebenbei eingestreute, vergessene Witze entwickeln dabei ein skurriles Eigenleben wie jener Klassiker: "Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, beim Wessi ist es andersrum". Doch Spaß beiseite. Jenes Kapitel der besagten "ZERV" dauerte im realen bundesdeutschen Leben bis zum 31. Dezember 2000. Deren Bilanz kann man sich heute in einem kompatiblen Wikipedia-Artikel ansehen.
Nun denn. Das dürfte noch genug Material für weitere Staffeln hergeben.

(Claus Bach)

 

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Autor: nbv