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Claus Bachs Bildarchiv: Skandal um Teddy
15. Dezember 2021 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Skandal um Teddy oder: "Bist Du Kommunist, dann teil den Mist!" Zu DDR-Zeiten gab es wohl kaum ein Dorf oder eine Stadt, dessen Straßen oder Plätze nicht den Namen Ernst "Teddy" Thälmanns trugen. Jenes Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands in Zeiten der Weimarer Republik. Arbeiterführer, selbstloser Held und später Märtyrer, nachdem er im KZ Buchenwald am 18. August 1944 von SS-Schergen ermordet wurde. Ihm zu Ehren trugen später viele sozialistischen Arbeitskollektive, Brigaden, Institutionen und selbstverständlich auch Betriebe seinen Namen und sein Konterfei. Inklusiveder damaligen Pionierorganisation, diverser Denkmale, Fahnen, Banner, Abzeichen, Porzellanteller, Tassen und dergleichen. Kurzum, ein außerordentlicher Heldenmythos in seiner geronnensten Form. Heute bekannt als ordinäres personal Merchandising.
Aber noch heute ist der fast verblasste Wahlkampf -Spruch "Wählt Thälmann!" aus dem Jahr 1932 an einer unsanierten Häuserfassade entlang der Trierer Straße in Weimar auszumachen. Des weiteren weist freilich auch sein übergroßes Denkmal am heutigen Buchenwaldplatz symbolisch auf sein Schicksal und stellvertretend jenes vieler Zeitgenossen hin. Womit wir sogleich im historischen respektive zeitgenössischem Lokalkolorit angekommen wären. Denn erst vor wenigen Wochen wurde eben jenes Denkmal temporär mit einem großen hellem Tuch verhüllt. Wie ein albernes Gespenst sah das aus und wollte wohl den berühmten Karl Marx'schen Ausspruch vom Gespenst des Kommunismus, das in Europa umgeht, verdinglichen. Doch mitnichten. Denn jene Aktion war Bestandteil eines mehrtägigen Geschichtfestivals, welches unter anderem die ambivalente Rolle des ehemaligen KPD-Führers zum Thema hatte.
Die einen sahen das als mutwillige Verhöhung der Opfer des Nationalsozialismus, andere als längst überfällige historische Aufklärung. Und letzteres ist mehr als zutreffend.
So verwiesendie Veranstalter unter anderem auf die nicht gerade rühmliche Rolle Thälmanns in seinem Kampf gegen die junge Weimarer Republik.
Um es mal vorsichtig auszudrücken. Weniger bekannt ist auch, dass Thälmann erklärter Gegner jener jungen deutschen Demokratie war und ein Deutschland nach stalinistischem Vorbild errichten wollte. Für ihn waren kurzzeitig nicht etwa die Faschisten die Hauptfeinde, sondern die Sozialdemokraten, die er bisweilen gern auch als "Sozialfaschisten" und "Vasallen des Kaptials" nannte. Mehr noch. Denn dafür wurde auch schonmal zusammen mit den Nazis im Jahre 1931 gegen diverse Unternehmer sprich Kapitalisten gestreikt. Jener Spruch Thälmanns aus dem Jahr 1931 bringt die Sache auf den Punkt: "Man kann den Kapitalismus nicht zerschlagen, ohne die Sozialdemokratie zu vernichten."
Die SPD würde die Arbeiter vom Klassenkampf abhalten und so weiter.
Bekannte Sprüche, die zu schwarz-weißen DDR-Zeiten selbstverständlich gern imGeschichts- und Staatsbürgerkundeunterricht genommen und gebetsmühlenartig heruntergeleiert wurden.
Aua. Wenn das wohl damals die vielen allseits gebildeten sozialistischen Persönlichkeiten zum SED-Parteitag gewusst hätten.
Starker, lang anhaltender, nicht endend wollender Beifall.
(Claus Bach)
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