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Claus Bachs Bildarchiv: Spur ins Nichts

19. September 2022 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Oder: Alles eine Frage der Gewöhnung. Am Freitag, dem 9. September 2022, war es soweit. Die Kreuzung Sophienstiftsplatz im Herzen Weimars wurde nach zweijähriger Bauzeit eingeweiht. Wobei es noch einige Wochen brauchen dürfte, bis besagter Platz endgültig fertiggestellt sein wird. Der Anschluss Hummelstraße steckt noch in der Bauphase. Zudem sollen im nahenden Herbst 26 Bäume an den Straßenrändern gepflanzt werden. So bleibt die Kreuzung vorerst ein nicht ganz ungefährliches Provisorium. Das fängt mit ungewöhnlich langen Ampel - Wartezeiten an und hört bei einer kryptisch anmutenden signalroten Fahrradspur auf. Die nennt sich verkehrsplanerisch Fahrradstrahl und lässt schon in dieser Formulierung nichts Gutes ahnen. Denn wie die gekrümmt verzerrte Spitze eines langen Pfeils prangt jener Strahl auf besagter Kreuzung und verschwindet allmählich im Nichts. Oder sollte man besser sagen im Asphalt? Eigentlich soll dieser Strahl in Richtung Hummelstraße führen. Doch nun wurde ein zünftiges Navigationsrätsel asphaltiert, das vor allem für Radfahrer zur Geduld- und Mutprobe werden wird. Denn die müssen ungeschützt auf jener schmalen Fläche navigieren und sind der klassischen Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme aller anderen motorisierten Verkehrsteilnehmer ausgeliefert. So könnte sich jene Situation zum Epizentrum zukünftig verunfallender Zweiradnutzer entwickeln. Doch auch den Fußgängern wird einiger Mut und vor allem konzentrierte Aufmerksamkeit abverlangt. Denn ihr vorgegebener Weg über die mehrspurige Kreuzung ist ein ungewöhnlich langer. Nach reichlich fünfzehn Minuten Beobachtung des gemischten Verkehrstreibens möchte man allerdings als Fußgänger keineswegs mit den irritierten Zweiradnutzer*innen tauschen.

Zumal jene von spontanen Hupkonzerten ebenfalls irritierter Kraftfahrer vollends aus ihrer Navigation geworfen werden. Mit anderen Worten: Die im Vorfeld diskutierte verkehrstechnische Klippschule hat sich leider mehr als verwirklicht. Ein Foto in der Lokalpresse vom Treiben auf jenem Fahrradstrahl zeigte jene Situation exemplarisch. Allein der Anblick des tretenden Radfahrers mit Anhänger zwischen fahrenden Autos auf der rechten und entgegen kommendem Stadtbus auf der linken Fahrspur lässt jeden Betrachter erschauern. Allerdings soll es sich vorerst um eine baubedingte Übergangssituation handeln. Denn noch ist jener Fahrradstrahl durch Verkehrskegel versperrt, weil sein Belag instabil ist. Besondere Ironie der Angelegenheit: In der abzweigenden Coudraystraße wurde schon mal eine stationäre Fahrrad-Reparatur-Station installiert. Die funktioniert einwandfrei.

(Claus Bach)

 

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Autor: nbv