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Claus Bachs Bildarchiv: Sudel-Ede in Endlosschleife
30. Oktober 2024 / Radio, Stadtzeit,MediathekAm heutigen 30. Oktober jährt sich ein Ereignis im TV, an das sich wahrscheinlich nur nur noch wenige erinnern werden. Vor 35 Jahren wurde im Jahr 1989 die letzte letzte Sendung „Der Schwarze Kanal" im DDR-Fernsehen nach insgesamt 1519 Folgen ausgestrahlt. Sie ist von dem Journalisten Karl Eduard von Schnitzler konzipiert und seit dem 21. März 1960 wöchentlich gesendet worden. Ihr Titel war eine Anspielung auf das vermeintlich schmutzige, schwarze CDU-gesteuerte Westfernsehen. Bis dahin hatte Schnitzler eine Karriere als zutiefst kommunistisch geprägter Journalist beim BBC und dem Nordwestdeutschen Rundfunk durchlaufen und sich danach in den Dienst der noch jungen DDR-Propaganda gestellt. Jeden Montagabend um 21.35 Uhr schwadronierte und polemisierte Schnitzler für 20 Minuten über die Gebaren des menschenverachtenden Westen Deutschlands und seiner Massenmedien. Indem Ausschnitte aus Politmagazinen und Reportagen des Fernsehens der BRD aus dem Zusammenhang gerissen oder mutwillig verkürzt dargestellt wurden. Um dem „Klassenfeind" elementare Fehler zu unterstellen und sie selbstverständlich für die PR der Sozialistischen Einheitspartei der DDR zu instrumentalisieren. Es war die wichtigste polit-agitatorische Sendereihe des DDR-TVs. Fast 30 Jahre ging das so und geriet bisweilen zu bizarren bis haarsträubenden Auftritten. Ein außerordentlich beklemmender Höhepunkt war erreicht, als Schnitzler allen Ernstes die Protestierenden und Reformpolitiker des „Prager Frühlings" im Jahr 1968 als „vom Westen gesteuerte Konterrevolutionäre und irregeleitete Elemente" bezeichnete. Und den Einmarsch sowjetischer Truppen des Warschauer Paktes und die Besetzung Prags als Befreiungsaktion der Tschechoslowakei aus den Krallen des Imperialismus darstellte und kommentierte.
Unter Zuhilfenahme eingespielter Filmschnipsel und mutwillig verstümmelter Interviews. Während zeitgleich Filme und Bilder um die Welt gingen, die ausführlich das Niederwalzen der protestierenden Bürger*innen Prags durch sowjetische Panzer dokumentierten. Krasser konnte der Gegensatz zwischen medialem Systempropaganda - Sound und Realität nicht ausfallen. Eine Art unfreiwillig schriller, menschgewordener Polit-Comic. Wenn es nicht so ernst gewesen wäre. Das fiel selbst dem DDR - Publikum auf. Zumal sein überwiegender Teil auch die Kanäle von ARD und ZDF empfing. Und so kam es, dass die meisten Bürger*innen Schnitzlers Sendung nicht mehr wirklich ernst nahmen und Witze über den Chefideologen rissen. Sein Spitzname „Sudel-Ede" wurde über die Jahre zum Selbstläufer, die Zuschauerzahlen befanden sich seit den 1970iger Jahren im stetigen Sinkflug. Den „Kanal" guckte nur noch, wer ideologisch und karrieretechnisch musste. Ansonsten galt die Sendung schlicht als Zumutung. Ihre durchtriebene Methodik allerdings ist bis heute nicht totzukriegen und hat das Zeug zum Klassiker: Verwende benutzerdefiniert Halbwahrheiten und verkürzte Zitate für explizit meinungsbildende Zwecke. Da lassen einige Headlines der zeitgenössischen BSW-Frontfrau oder den AFD-Granden ein äußerst unangenehmes Déjà-vu aufkommen.
Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv: Sudel-Ede in Endlosschleife