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Claus Bachs Bildarchiv: Verflixt und zugepappt

26. Februar 2020 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Für die Karnevalsjecken ist am Aschermittwoch alles vorbei. Schließlich war der Ehrgeiz der Gestalter vieler Motivwagen schon immer bis zur letzten Sekunde ungebrochen. Und auch dieses Jahr blieb kein Auge trocken. Im Gegenteil. Denn diesmal wurde das politische Geschehen besonders drastisch durchgenommen.
Vor allem wieder einmal in Düsseldorf. Was zuvorderst auf das Konto des Kult-Designer Jaques Tilly geht. Anhand der aktuellen zeitgenössischen Ereignisse lief er zur ätzenden pappskulpturalen Hochform auf. Wie gewohnt mit sehr viel Liebe zum Detail.

Nachfolgend einige Beispiele:
Aus vier behaarten rosa Säcken lugen die Köpfe der zukünftigen CDU-Chefkandidaten heraus. „Reines Männer -Sackhüpfen in der CDU" titelt der Wagen.
Auf einem anderen ragt aus einem riesigen Kopf mit weit aufgerissenem Mund eine Pistole mit der Aufschrift „Rassismus". „Aus Worten werden Taten" heraus. Ein Kommentar zu den letzten Ereignissen in Hanau, welcher in letzter Minute fertig wurde.
Zwei Darstellungen riesig großer Viren blicken sich auf dem nächsten Wagen gegenseitig an: Das jeckenhafte Karnevals-Virus zeigt dem bösen Corona Virus seine freche Narrennase.
Ein Schwarzweiß-Gesichtszwilling zeigt den farblosen Zustand der SPD.
Die zwei Päpste Benedikt und Franziskus schlagen sich mit roten Boxhandschuhen ins Gesicht. Verdinglichung des Kampfs katholischer Welten.
Ein riesig blaues Facebook-Alien trägt an seinem Schweif ein kleines, hilfloses, schwarzes Justizbeamten -Männlein.
Der Brasilianische Präsident Bolsonaro wird als Schlächter des Regenwalds dargestellt. Seine seitlich erhobenen Arme fungieren als bluttriefende Kettensägen, die alle umliegenden Bäume abrasiert haben. Der Unterleib des neuen Britischen Premierministers Boris Johnson läuft seinem Herrn davon, bekleidet mit einem Schottenrock. Eine skurrile dystopische Zukunftsvision.
Ein flüchtendes brennendes Känguru ist im Sprung zu sehen. „Australien ist überall", steht auf seinem Schweif.

Den grotesken Höhepunkt bildeten freilich zwei Wagen:
Einer zeigt die braunbehoste männliche Figur mit AFD-Shirt, welche akrobatisch durch seine Beine mit aufgerissenem Mund in den eigenen Schritt blickt. Auf der kompatiblen Textblase steht: „In Deutschland läuft alles verkehrt".
Und, last but not least, but simply the best: Die skulptural-drastische Darstellung des Thüringer Wahldebakels. Aus braunem Sumpf erhebt sich ein Björn Höcke mit erhobenem rechten Arm, der von den CDU und FDP Politikern Mohring und Kemmerich zum finalen Hitlergruß in die Höhe gestemmt wird. „Heilt Höcke. Thüringen am 05. Februar 2020" ist auf dem gestrecktem Arm zu lesen.

Das ist außerordentlich treffende Satire in geronnener Pappmaché-Form. Jener Wagen wird einer derjenigen sein, der nach dem Umzug definitiv nicht vernichtet wird. Man kann ja nie wissen. Denn Tradition ist und bleibt unkaputtbar.

(Claus Bach)

 
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Autor: nbv