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Claus Bachs Bildarchiv: Viel hilft viel

27. April 2022 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Bauhaus-Museum Weimar, Foto: Claus Bach
Bauhaus-Museum Weimar, Foto: Claus Bach

Reichlich drei Jahre sind seit der Eröffnung des Bauhaus-Museums Weimar ins Land gegangen. Und damit auch Zeit für eine innere Bestandsaufnahme. Nach dem Eintritt ins lichtdurchflutete Foyer schaut man sofort auf das riesige Panoramafenster, welches den Blick auf den baumumrankten Fußweg an der Asbachstraße freigibt. Eine gelungene Inszenierung, die zu jeder Jahreszeit zum Verweilen einlädt. Des Weiteren wird im großen Nebenraum des Erdgeschosses die gesellschaftliche Entwicklung der Weimarer Designschule vom Vorfeld bis in die Gegenwart verhandelt. Mittels Zeitstrahl aus 15 Lichtkästen. Weitere großflächig animierte Projektionen erklären die lokale Historie des "Quartiers der Moderne".

Einen realen Blick auf jenes Quartier kann man von der ersten Etage aus werfen. Flankiert von der feinsinnig verspiegelten Spinnennetz-Installation des Künstlers Tomás Saraceno. Die eigentliche Dauerausstellung zeigt freilich zuerst die Schätze der Weimarer Zeit des Bauhauses. Von der berühmten Wiege über Texturen, Keramiken und selbstverständlich bekannte Flachware. Das ist schon sehr beeindruckend. Leider derart eng positioniert, dass man sich nur mit äußerster Vorsicht bewegen kann. Der Fragesatz "Wie wollen wir leben?" auf einem vertikalen mechanischem Schriftband gerät dabei unfreiwillig zur Ironie.

In der zweiten Etage führt ein erster Rundgang zur Historie des "Neuen Bauens". An einer Magnetwand können Besucher selbst ihre Gebäudeensembles aus flächigen Modulen zusammen schieben. Eine schöne Idee, vor allem für Architekturfreunde. Des Weiteren begegnet man großen offenen Boxen, in denen Objekte und Gegenstände häuslicher Inneneinrichtungen jener Zeitepoche vorgestellt werden. Vom Kinderzimmer bis hin zum Arbeits, - Wohn, - und Badezimmer. Ohne dabei auch die berühmten Stühle sprich Freischwinger zu vernachlässigen. Auf deren Kopien kann man dann auch selbst sitzen. Jener Raum hat den offensichtlich beabsichtigten Charme der Sitzmöbelabteilung eines zeitgenössischen Möbelhauses. Das Herz der Ausstellung ist die Filmprojektion einer Replik des berühmten "Triadischen Balletts" Oskar Schlemmers. Erneut eng umrankt von zahlreichen Vitrinen diverser, meist farbig – hölzerner Spielfiguren. Aber auch erste audiovisuelle Projekte jener Zeit sind sicht- und hörbar. Genau hier ist am meisten zu entdecken.

"Was bleibt?" ist das Motto der dritten Etage und stellt die Biografien und Visionen aller drei Bauhaus-Direktoren vor. Etwas irritiert steht man vor dem Konterfei des ersten Direktors Walter Gropius. Wenn man es nicht besser wüsste, war er wohl eher Möbeldesigner, Keramiker, und Textildesigner. Denn ihm gegenüber ist eine lange Vitrinen-Strecke mit einer Armada diversen Mobiliars, Keramikgefäßen und Textilentwürfen zu sehen. Freilich sind das studentische Arbeiten, aber es verwirrt als gesamtes Ensemble. Und auch der Raum Ludwig Mies van de Rohes gerät eher zum Edel-Möbelhaus und reduziert ihn auf einen Fachmann für Inneneinrichtungen. Die Visionen eines Hannes Meyer werden im letzten Raum eher kryptisch denn konzeptuell vermittelt. Rätselhafte Wortspiel-Fragmente an den Wänden, Info-Zeitungen, Audiotapes und Videos zeitgenössischer Klima-Aktivisten sollen das irgendwie erklären. Aber es will nicht wirklich überzeugen.

Fazit: Bei dem Bemühen des Designbüros und der Kuratorinnen, die Ausstellung möglichst komplex verschachtelt zu gestalten, ist sie irgendwie aus dem Ruder gelaufen. Vielleicht wäre weniger doch mehr gewesen.

Mies lässt grüßen.

 

(Claus Bach)

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Autor: nbv