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Claus Bachs Bildarchiv: Viel hilft viel

19. April 2024 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Der Ausstellungsraum des Architekten Mies van der Rohe im 3.OG des Bauhaus Museums Weimar. Foto: Claus Bach
Der Ausstellungsraum des Architekten Mies van der Rohe im 3.OG des Bauhaus Museums Weimar. Foto: Claus Bach

Knapp fünf Jahre sind seit Eröffnung des Bauhaus-Museums Weimar ins Land gegangen. Und damit auch Zeit für eine Bestandsaufnahme seines Innenlebens. Nach dem Eintritt ins lichtdurchflutete Foyer schaut man sofort auf das riesige Panoramafenster, welches den Blick auf den baumumrankten Fußweg an der Assbachstraße freigibt. Eine gelungene Inszenierung, die zu jeder Jahreszeit zum Verweilen einlädt. Im großen Nebenraum des Erdgeschosses wird die Entwicklung der Weimarer Designschule vom Vorfeld bis in die Gegenwart verhandelt. Mittels anschaulich betiteltem Zeitstrahl aus 15 Lichtkästen. Eine großflächig animierte Projektion erklärt die lokale Historie des „Quartiers der Moderne". Einen realen Blick auf jenes Quartier kann man von der ersten Etage aus werfen. Flankiert von der feinsinnig verspiegelten Spinnennetz-Stahlseil-Installation des Künstlers Tomás Saraceno über dem Eingangsbereich. Die eigentliche Dauerausstellung zeigt freilich zuerst die Schätze der Weimarer Zeit des Bauhauses. Von der berühmten Wiege über Texturen, Keramiken und selbstverständlich bekannte Flachware. Das ist schon sehr beeindruckend. Leider derart eng positioniert, dass man sich nur mit äußerster Vorsicht bewegen kann. Der Fragesatz „Wie wollen wir leben?" auf einem vertikalen mechanischem Schriftband gerät dabei unfreiwillig zur Ironie.

In der zweiten Etage betritt man zuerst einen Bereich, der mutwillig den beabsichtigten Charme eines zeitgenössischen Einrichtungshauses hat. Hier kann man auf industriell hergestellten Sitzmöbeln der Designschule probe sitzen und kommt sich dabei ziemlich deplatziert vor. Um sich anschließend zur Historie des „Neuen Bauens" zu begeben. An einer Magnetwand können Besucher nun selbst ihre Gebäudeensembles aus flächigen Modulen zusammen schieben. Eine schöne Idee, vor allem für Architekturfreunde. Des Weiteren begegnet man großen offenen Boxen, in denen Ensembles und Objekte häuslicher Inneneinrichtungen jener Zeit vorgestellt werden. Vom Kinderzimmer bis hin zum Arbeits, - Wohn, - und Badezimmer. Das Herz der Ausstellung ist die Filmprojektion einer Replik des berühmten „Triadischen Balletts" Oskar Schlemmers. Erneut eng umrankt von zahlreichen Vitrinen diverser, meist farbig-hölzerner Spielfiguren. Aber auch audiovisuelle Projekte jener Zeit sind sicht - und hörbar. Genau hier ist am meisten zu entdecken.

„Was bleibt?" ist das Motto der dritten Etage und stellt die Biografien und Visionen aller drei Bauhaus-Direktoren vor. Verwundert steht man vor dem Lichtkasten - Konterfei des ersten Direktors Walter Gropius. Wenn man es nicht besser wüsste, war er wohl eher Keramiker, Möbel- und Textildesigner. Denn gegenüber seinem Porträt ist eine lange Vitrinen-Strecke mit einer Armada diversen Mobiliars, Keramikgefäßen und Textilentwürfen zu sehen. Freilich sind das studentische Arbeiten, die aber als gesamtes Ensemble irritieren. Und auch der Raum Ludwig Mies van de Rohes gerät zum Edel-Möbelhaus und reduziert ihn auf einen Design-Fachmann für Inneneinrichtungen. Die Visionen eines Hannes Meyer werden im letzten Raum eher kryptisch denn konzeptuell vermittelt. Wortspiel-Fragmente an den Wänden, Info-Zeitungen, Audiotapes und Videos zeitgenössischer Klima-Aktivisten sollen das irgendwie erklären. Aber es will nicht wirklich überzeugen.

Fazit: Bei dem ehrgeizigen Bemühen des Designbüros und der Kuratorinnen, die Ausstellung möglichst komplex und standortübergreifend zu gestalten, ist sie irgendwann aus dem Ruder gelaufen. Vielleicht wäre weniger doch mehr gewesen. Mies lässt grüßen.

 

(Claus Bach)

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Autor: nbv