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Claus Bachs Bildarchiv: Visuelle Dissonanzen

19. Februar 2020 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Selbstverständlich berichtete auch der Mitteldeutsche Rundfunk am vergangenen Wochenende über die Dresdener Demonstrationen gegen Nazis und ordinäre Polittrolle. Neben den üblichen Transpas an der Spitze eines Zuges war auch ein rot umrandetes, schwarz weiß stilisiertes Konterfei des Hitler-Attentäters Georg Elser auszumachen. Freilich sollte das die kompatible Signalwirkung vermitteln.

Die muss wohl derart markant gewesen sein, dass der Sender jenes Porträt in einem Bericht über die Demo spontan entfernen ließ. Zumindest auf dem Foto für seinen nachfolgenden Filmbericht. Anstelle Elsers Porträt prangte nun ein weißes Laken im eigeblendeten Foto. Was freilich umso mehr auffiel. Denn im darauffolgenden Video war besagtes Transpa unbearbeitet zu sehen. Das fiel dann auch sehr vielen Zuschauern auf. Und sofort hagelte es Beschwerden an den Sender, der freilich sofort zurückruderte, sich entschuldigte und die Angelegenheit sogleich bagatellisierte. Der Grafiker war Schuld und hatte eignmächtig agiert. Mit der Begründung, dass jenes Foto in den vorgesehenen Rahmen passen sollte. Mit anderen Worten: Das Runde sollte irgendwie ins Eckige. Jene Bearbeitung war ohne Rücksprache mit der Redaktion erfolgt und so weiter. Was für eine außerordentlich dilettantische Ausrede. Armer Grafiker. Denn wie der ein rechteckiges Foto durch Korrektur eines Bildelements im Querformat rechteckig rahmen wollte, wird wohl sein ewiges Berufsgeheimnis bleiben. Wie ernst es dem Sender mit der verbalen Korrektur jenes Fehlers ist, kann man übrigens in seiner Mediathek sehen. Denn dort sind immer noch die ungleichen Bilderbrüder auszumachen. Zuerst erblickt man das manipulierte Foto, danach das unbearbeitete vierminütige Video über die Demonstration.

Nun gibt es bekanntlich Perlen des Journalismus. Ebenso Perlen des Dilettantismus. Für letztere hat sich die Redaktion des MDR-Sachsenspiegels seit einigen Tagen eine besonders große erarbeitet.
Und das gleich in doppelter Hinsicht. Denn die Manipulation eines Fotos wirkt wesentlich harmloser als seine nachgelieferte verbale Korrektur.
Das muss man erstmal sacken lassen. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.



(Claus Bach)

 
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Autor: nbv