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Claus Bachs Bildarchiv: Zufällige Begegnung

12. September 2022 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Üblicherweise sind Schauspieler außerordentliche Rampensäue und den Anblick eines Fotoapparats, der während des Agierens auf sie gerichtet ist, mehr als nur gewohnt. Inbegriffen die Anwesenheit der jeweiligen Fotografen. Schließlich ist das neben dem Arbeitsbeweis auch benutzerdefinierte PR. So, wie Wasser nass macht. Dass es sich durchaus anders verhalten kann, musste kürzlich ein Vertreter jener bildherstellenden Zunft recht unverblümt erleben. Im Speziellen während der Aufführung des Stücks "Der Tribun" des Autoren Maurico Kagel während des diesjährigen Kunstfests. In dem Monodrama verkörpert der prominente Schauspieler Dominique Horwitz einen fiktiven Politiker-Diktator, der sich auf eine anstehende, zünftig manipulierende Rede ans Volk vorbereitet. Dabei agiert er auf einer mit weißen A4-Blättern bedeckten Fläche inmitten des Publikums, das zugleich auch sein Volk ist. Als fiktive zweite Person. Selbstverständlich zog Horwitz dabei alle seine darstellerischen Register und spielte sich in den rollenbezogenen Rausch. Doch nach einigen Minuten stockte seine Performance und Horwitz wies den agierenden Fotografen kurz, aber sehr bestimmt zurecht. "Das geht so nicht. Sofort aufhören" sprach er mit plötzlich normal gedimmter Stimme in dessen Richtung.

Augenblicklich herrschte Stille im Raum. Minuten später wiederholte sich die Angelegenheit und der Akteur wurde noch deutlicher. "So, jetzt ist Schluss. Sie verlassen sofort den Raum oder ich höre auf!" drohte der nun richtig angefressene Schauspieler. Erneute Spannung im Raum. Begleitet von irritierten Blicken in Richtung Fotograf. Zwanzig Minuten später war dann Schluss. Die innere Spannung des Mimen wich seiner Erleichterung, er verneigte sich vor dem Publikum. Nicht ohne dabei besagten Bildermacher versöhnend vor dem Auditorium anzusprechen. Er habe ihn in seiner Konzentration gestört, sorry, passiert halt und so weiter. Doch der Angesprochene entgegnete trocken: "Wieso? Das war doch so abgesprochen!". Da zuckte der Schaupieler kurz und grinste ziemlich dreckig. "Nicht schlecht", entgegnete er und umarmte seinen Gegenspieler. Nach 20-minütiger Publikumsdiskussion wurde der Fotograf von einigen Zuschauern angesprochen. Jene Szenen hätten das angegilbte Stück aus den 1970iger Jahren zeitgenössisch entstaubt und in die Gegenwart geholt. Offensichtlich hatten viele den Eklat als einstudierten Teil der Aufführung wahrgenommen. "Der Tribun" ist noch bis zum 11. September an verschiedenen Orten Thüringens zu sehen. Für alle Fotografen eine echte Herausforderung in Sachen Schlagfertigkeit und experimentelles Verhalten.

(Claus Bach)

 

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Autor: nbv