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Claus Bachs Bildarchiv: Zugespitzter Ehrgeiz

07. November 2019 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

»Preis der Freiheit« heißt das dreiteilige Spielfilmdrama, das gegenwärtig im ZDF zu sehen ist und die letzten Jahre der untergehenden DDR zum Inhalt hat. Selbstverständlich anlässlich des nahenden 30. Jahrestags des Falls der Berliner Mauer. Einmal mehr werden die extremen Widersprüche zwischen ostdeutschen Alltagshärten und seiner erstarrten Altherren-Regierungsriege durchgespielt. Freilich wurde das schon in Serien wie »Weißensee«, »Deutschland 1983«, »Deutschland 1986« und anderen zelebriert. Nun aber ist eines neu. Schon der symbolgeladene Filmtitel ist dabei wörtlich zu verstehen. Denn neben den üblichen familiären konfliktreichen Verquickungen von Altkommunisten, Stasi-Apparatschicks, Neonazis und Oppositionellen spielt vor allem der berüchtigte Bereich für Kommerzielle Koordinierung im Ministerium für Außenhandel in Verbindung mit jenem der Staatssicherheit, kurz KOKO genannt, die zentrale Rolle. Freilich in Person des KOKO-Impresarios Alexander Schalck-Golodkowski, und dessen besessener Frontfrau Margot Spindler. Dabei laufen Thomas Thieme als Schalk-Golodkowski und Barbara Auer als Margot Spindler darstellerisch zur Hochform auf. Sie verkörpern die Hauptakteure jener komplexen Ost-West-Devisendeals, die an schonungslosem Zynismus nicht zu überbieten sind. Angefangen von Stückpreis-Verhandlungen für einen in die Bundesrepublik verkauften Chirurgen bis hin zu jenen für den Import westdeutschen Sondermülls nach Ostdeutschland. Mittels skurriler dramatischer Steigerung werden selbst Waffendeals in damalige Krisengebiete realisiert. Alles, um die Zahlungsunfähigkeit des ersten Arbeiter- und Bauernstaates irgendwie abzuwenden. Ihre Motivation: Normaler Ehrgeiz reicht nicht. Zugespitzt muss er sein.

Doch auch die bundesrepublikanische Gegenseite agiert nicht moralischer, respektive menschlicher. »Unsere D-Mark Kredite funktionieren wie Drogen und machen die DDR zum Junkie. Und danach setzen wir sie auf kalten Entzug und vernichten sie«, verkündet zynisch ein West-Minister.

Welchen weiteren Verlauf die Dinge nahmen, ist bekannt und wird im letzten Teil des Dramas entsprechend durchdekliniert. Selbstverständlich auch, wie verzweigt jenes KOKO-Imperium im sogenannten kapitalistischen Wirtschaftraum gewesen sein muss. Mit offenem Blick in die Zukunft. Freilich war das schon in zahllosen Dokumentationen der letzten Jahrzehnte zu sehen. Dennoch gelingt diesem Dreiteiler eine ungemein verdichtete Darstellung jener zu Ende gehenden Ost-Westdeutschen Zeit.

Es wird sicher nicht die letzte sein. Denn jährlich grüßt das DDR-Murmeltier

 

(Claus Bach)

 
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Autor: nbv