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Neulich im Netzwerk: Rechtsextremismus in der Bundeswehr

09. Mai 2017 / Radio, Stadtzeit

Die Bundeswehr ist anfälliger für Rechtsextremismus als andere Bereiche der Gesellschaft. Das sagt zumindest der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels. Allerdings sieht er das Problem nicht in der Armee an sich. Hierarchien, Waffen und Uniformen zögen lediglich manchen Bewerber an, den die Bundeswehr eigentlich nicht haben wolle, sagte Bartels der Zeitung Welt am Sonntag. Anlass war der Fall des mutmaßlich rechtsextremistischen Bundeswehroffiziers Franco A., der letzten Mittwoch festgenommen worden war.

Seitdem überschlagen sich die Ereignisse. Kontrollen in Kasernen werden angekündigt, deren Namen wie ein who is who des deutschen Militarismus klingen. In diesen Kasernen wird aufgeräumt und entrümpelt. Ob es dabei darum geht, rechtsextreme Kameraden und deren Devotionalien-Sammlungen zu finden oder eher um Spuren rechtsextremer Gesinnung zu beseitigen, bleibt offen.

Eigentlich sollte die Bundeswehr frei von Extremisten sein. Seit dem 1. Juli werden angehende Soldaten vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) überprüft, um Dschihadisten und anderen Extremisten schneller identifizieren zu können. Das ist keine Reaktion auf die jüngsten Ereignisse, sondern das hatte die Bundesregierung bereits vergangenen August beschlossen.

Sogar die Familien und Ex-Partner werden durchleuchtet. Und natürlich gehen bei diesen Kontrollen auch kleine und große Fische ins Netz. Allein 2015 hat der MAD 149 neue Verdachtsfälle behandelt. Allerdings hört man kaum von Konsequenzen. Rechtsextreme Taten werden meist als Taten Einzelner dargestellt, mögliche Verstrickungen in Netzwerke und Organisationen der extremen Rechten bagatellisiert.

Schon lange ist bekannt, dass die Bundeswehr eine Anziehungskraft auf Rechtsextreme auswirkt. Der NSU-Untersuchungsausschuss stellte fest, dass die Bundeswehr zudem über einen längeren Zeitraum hinweg bekennende Neonazis in ihren Reihen duldete.

Als die Bundeswehr noch aus Wehrpflichtigen bestand, bildete sie relativ gut einen Querschnitt der Bevölkerung ab. Sicher gab es Wehrdienstverweigerer. Aber eben auch viele junge Frauen und Männer mit humanistischer Erziehung, künftige Studenten, linke, rechte, unpolitische.
Das hat sich seit der Umwandlung in eine Berufsarmee natürlich geändert. Experten gehen davon aus, dass es seit dem Ende der Wehrpflicht praktisch keine Linken mehr in der Bundeswehr gibt.

Dazu kommt, dass kaum jemand mehr vor Beginn des Studiums Zeit verschwenden will durch den so genannten Dienst an der Waffe.

178.233 aktive Soldaten und Soldatinnen umfasst die Bundeswehr derzeit insgesamt. Gegründet wurde sie 1955. Ihre Tradition begründet die Truppe selbst auf Scharnhorst. Seine preußische Heeresreform von 1807 bis 1813 betrachtet sie als Grundlage ihres Selbstbildes. Scharnhorst prägte die Vorstellung, jeder Bürger eines Staates müsse zugleich dessen geborener Verteidiger sein. Diese Idee bildet heute noch das Fundament der Traditionspflege in der Bundeswehr.

Allerdings hat die Armee zunehmend Probleme mit dem Image. Trotz aufwändig produzierter Videos im Netz, Abenteuer-Camps für Jugendliche, sogar Werbeveranstaltungen an Schulen.

Die Bundeswehr erntet eher Proteste von Eltern und Friedensaktivisten für ihre Kampagnen, als dass dadurch Nachwuchs rekrutiert würde.

Dazu eine Ministerin, auf die man sich nicht verlassen kann. Und die zunehmend Probleme hat, die Millionen-Ausgaben zu rechtfertigen für eben diese Bundeswehr. Fast scheint es logisch, dass die Soldaten dieses Landes sich lieber mit Traditionspflege beschäftigen als mit ihren aktuellen Aufgaben. Apropos: was sind eigentlich die aktuellen Aufgaben?

Die Grundpflicht des Soldaten ist eine Forderung, die in §7 des Soldatengesetzes an alle Soldaten der Bundeswehr gestellt wird. „Der Soldat hat die Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen." Das klingt erstmal recht allgemein. In den folgenden Paragrafen 8-21 wird das dann konkretisiert: Zu den speziellen Pflichten des Soldaten gehören beispielsweise die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung, die Pflicht zum Gehorsam oder die Pflicht zur Kameradschaft. Nach dieser Definition dürfte es aber keine Extremisten in der Bundeswehr geben. Schon gar nicht in Offiziersrängen. Aber das sind ja alles nur Einzelfälle. Die Bundeswehr hat nämlich eigentlich kein Problem mit Rechtsextremismus.

(grit)

Neulich im Netzwerk - Der Kommentar von Grit Hasselmann

Autor: jep