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Claus Bachs Bildarchiv: Ankunft oder Aufbruch
12. Juni 2024 / Radio, Stadtzeit,MediathekNun ist es schon reichlich fünf Wochen her, dass die drei Ausstellungen der zwei großen Stiftungen in Weimar eröffnet wurden. Bekanntermaßen widmen sie sich der NS-Historie der Dichterstadt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und Zeit für eine erste Bestandsaufnahme. Das „Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus" wurde im Haus I des protzigen Gauforums installiert und fällt mit einer Fülle an Biografien ehemaliger Zwangsarbeiter*innen auf. In jahrelanger Bauarbeit hatte sich dieses neue Museum buchstäblich in die brachial – monumentale Nazi – Architektur hinein gefressen. Das spürt man sofort beim Betreten jenes Hauses: In seinem Herzen trifft man auf viele identisch aussehende Info – Boxen und jeweils kompatible Dokumentarfotos, die das Ausstellungsgeschehen dominieren. Durch die Struktur der Ausstellung und vor allem die Komplexität aller beschriebenen Einzelschicksale jener Zwangsarbeiter*innen beansprucht deren Besichtigung ein durchaus großes Maß an Zeit. Dass dabei die baugeschichtlichen Spuren der Innenräume zugunsten der Ausstellung völlig in den Hintergrund treten, ist ein durchaus umstrittener Umstand. Der vor allem von Architekturkritikern bemängelt wird. So sind beispielsweise die Fragmente des ehemaligen Kinosaals der sowjetischen Militäradministration der 1950iger Jahre kaum noch auszumachen. Und auch im Außenraum hat es seine bauhistorischen Schleuder.
Das fängt bei der begrünten Fläche sprich Decke der Tiefgarage des Atriums an und hört bei dem neuen Schriftzug am Glockenturm des Gauforums auf. Der polarisiert ebenso. Denn seine großen Metalllettern durchkreuzen die Zeitschichten des NS - Gebäudeensembles. Zum anderen ist er durchweg nötig, um überhaupt auf den Standort des Museums hinzuweisen. Dass dabei die benachbarte Dauerausstellung zur Historie des Gauforums weniger wahrgenommen wird, gerät zu einem weiteren Orientierungsproblem. Auf diese Weise geraten auch selbst die bauhistorischen Widersprüche aneinander. In seiner Gesamtheit wirkt jenes Areal wie eine irritierende Collage aus Großfotos, nicht begehbarer Grünfläche, Gebäudebrutalismus und provisorisch wirkender Hinweistafeln. Mit anderen Worten: Was nicht passen will, wurde irgendwie passend gemacht. Doch vielleicht ist genau das auch gut so. Viele Widersprüche werden offen bleiben. Denn genau das ist der lokale Geists des Ortes der Kleinstadt an der Ilm.
Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv: Ankunft oder Aufbruch