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Claus Bachs Bildarchiv: Die Buschzulage will schließlich verdient werden
16. Oktober 2024 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Schon vor Beginn der Corona-Pandemie hatte es einen Ruck im TV-Bereich gegeben. Fast aus dem Nichts erlebte das angestaubte Serienformat einen unerwarteten Neustart. Seitdem löst nun eine Staffel die andere ab. Sowohl in den Streaming-Diensten als auch im Free-TV. Dabei wurde fast alles durchgenommen: Von Phantasie-Sagas über brillante Historienkrimis wie „Babylon Berlin" bis hin zum Science Fiction - Endzeitthriller „Sløborn". Neuerdings werden auch wieder die frühen 1990iger Jahre des wiedervereinigten Deutschlands Thema. Eigentlich war das ja mit der Viererstaffel „Weißensee" und dem Dreiteiler „Preis der Freiheit" über das Schalck-Golodkowski-Imperium abgehakt.
Doch nun wurde ein vergessenes Kapitel entdeckt und daraus eine neue Serie gestrickt. Die nennt sich kryptisch „ZERV". Benannt nach einer Behörde, welche die Nachwende-Kriminalität im wiedervereinigten Deutschland verfolgt und bisweilen aufgeklärt hatte. Ganz real wurde jene „ZERV" am 1. September 1991 als kriminalpolizeiliche Dienststelle beim Polizeipräsidium Berlin gebildet: Ausgesprochen nennt sie sich „Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs – und Vereinigungskriminalität". Kaum jemand kann sich noch an diese Abteilung erinnern. Besagte TV – Serie verhandelt nun die komplexen Ermittlungen jener Behörde. Verfolgt und manchmal aufgeklärt wurden meistens kriminell vernetzte Aktivitäten ehemaliger DDR-Funktionäre. Aber auch Fälle von Zwangsadoptionen und Misshandllung „Schwererziehbarer" Jugendlicher in der DDR. Dabei treffen Polizeibeamte/Innen aus der alten BRD auf jene der soeben untergegangenen DDR und sollen nun mal eben spontan zusammen arbeiten.
Auf neuem gesamtdeutschen Territorium, welches aus den Sümpfen der jüngsten ostdeutschen Vergangenheit erwuchs. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen des Misstrauens und gegenseitiger Geringschätzung. Und Kommentaren wie „Die Buschzulage will erarbeitet werden", welche der Chef jener Behörde an seine neuen Mitarbeiter*innen richtet.
So blickt man auf sarkastisch medialen Ost-West-Zündstoff in fast jeder Szene. Dank eines hervorragenden Schauspieler*Innen-Ensembles geschieht das in einer überraschend realen und bisweilen schonungslos provokanten Art, die man so nicht wirklich erwartet hätte. Fernab jeglicher angegilbten Vereinigungsromantik und dergleichen. Selbst nebenbei eingestreute, vergessene Witze entwickeln dabei ein skurriles Eigenleben wie jener Klassiker: „Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, beim Wessi ist es andersrum". Doch Spaß beiseite. Jenes Kapitel besagter „ZERV" dauerte im realen gesamtdeutschen Leben bis zum 31. Dezember 2000. Besagte Serie ist noch bis November 2024 in der Mediathek der ARD abrufbar. Ebenso die gleichnamige mehrteilige historische Dokumentation.
Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv: Die Buschzulage will schließlich verdient werden