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Claus Bachs Bildarchiv: Sei ein Brett

15. Mai 2025 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Austrian Planking, Foto: Claus Bach
Austrian Planking, Foto: Claus Bach

So einfach kann das manchmal sein: Für ein nettes Erinnerungsfoto stellt oder setzt man sich schon lange nicht unbedingt mehr nur vor die Kamera und posiert. Nein. Man legt sich waagerecht hin. Auf den Bauch. Mit dem Gesicht stur nach unten. Und macht sich dabei steif wie wie ein Brett. Und das kann bekanntlich überall herumliegen: Auf dem Boden, im Wohnzimmer, im Büro, auf einem Haus, auf der Straße, einer Baustelle, am Brunnen, in der Landschaft und so weiter. „Planking" hieß dieser aktionistische Fotosport und hatte sich bereits im Jahr 2011 binnen kurzer Zeit von England aus rasant ausgebreitet. Freilich dank der Verbreitung via Internet in dessen Foren. Denn dafür war die Sache letztens gemacht. Ein kollektiver, absolut sinnfreier Spaß im Netz. In der Regel bisher nur von jungen Menschen durchgeführt. Und die hatten auch gleich die Erklärung für die Sache: „Einfach etwas vollkommen Sinn- und Zweckloses zu tun, nur um seiner selbst willen, ist für uns alle wichtig. Und steht im Kontrast zu den Anforderungen, die die Gesellschaft gerade an junge Menschen stellt." Also eine Art Spontanperformance. Und die erzählt auf ihre Weise auch etwas von Verweigerungshaltung: Denn wer sich so hinlegt, ist auch nicht mehr so rasch zu erkennen. Und suggeriert Sperrigkeit. Das pure Gegenteil zur enthemmt posierenden Selbstinszenierung. Man hält sich also nicht mehr das buchstäbliche Brett vor den Kopf. Nein, man ist es selbst. Man ist ein Ding, ein Objekt. Eigentlich mehr als sinnfrei. Sprich verstörend. Dabei ist die Herkunft jenes fotografischen Aktionismus sozialer Natur und soll seinen Ursprung in Großbritannien haben. Bereits im Jahr 1997 begannen Gary Clarkson und Christian Langdon, sich mit ihren Freunden in ihren Häusern stocksteif hinzulegen und zu fotografieren. Damals nannten sie es schlicht „Lying Down Game". Daraufhin wurde das Spiel immer populärer und an immer ungewöhnlicheren Plätzen ausgeübt. Die beiden gründeten eine Facebook-Gruppe, deren Mitgliederzahl schnell anwuchs. Im Jahr 2009 hatte ein Mitarbeiter des „Great Western Spitals" im englischen Swindon ein Foto in „Lying Down"-Pose währen der Nachtschicht gemacht und es via Facebook geteilt. Woraufhin er suspendiert wurde. Doch sein Foto wurde zur Inspiration für eine Fußballmannschaft und diverse TV-Moderatoren. Und so entstand ein typischer virtueller Selbstläufer. Doch wie so oft artete die Angelegenheit aus. Im Mai 2011 stürzte ein betrunkener Planker in Australien vom Balkon und starb. Damit hatte auch jenes Planking seine Unschuld verloren. Einige Restaurantbesitzer und Betreiber von Schwimmbädern stellten Planking-Verbotsschilder auf. Was dem Fotosport allerdings keinen Abbruch tat. Im Gegenteil. Damals setzte der Hype erst richtig ein: Immer halsbrecherische Aktionsbilder tauchten in einschlägigen Netzwerken auf. Doch wie so oft verschwand jener Trend und wurde durch andere abgelöst. Doch Obacht. Man weiß nie, wann wieder jemand im öffentlichen Raum als Mensch gewordenes Brett auftaucht. Die kreative Herausforderung bleibt.

Claus Bach

 

 

Claus Bachs Bildarchiv: Sei ein Brett

Autor: nbv