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Claus Bachs Bildarchiv: Spaniens Himmel

21. März 2019 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

...breitet seine Sterne nicht nur über die Schützengräben, sondern auch über den Wahrheitsgehalt einiger Fotografien des Bürgerkrieges aus dem Jahre 1936 aus. Denn am Ort der damaligen Geschehnisse spielte sich vor einigen Jahren eine Art visueller Showdown ganz eigener Art ab. Ausgerechnet der Säulenheilige der Kriegsfotografie Namens Robert Capa hatte gemogelt und ein bisschen Krieg inszeniert. Und das ganz zünftig: In Ermangelung echter Ereignisse stellten er und seine damalige Freundin, die Fotografin Gerda Taro, vor Ort das Geschehen nach. Unter anderem auch seine berühmteste Aufnahme, die eines unmittelbar von einer feindlichen Kugel getroffenen Partisanen. Jenes spektakuläre Kriegsfoto war damals Start von Capas Fotografenkarriere und gilt bis heute als die Ikone der Kriegsfotografie. Kein Geschichts- geschweige denn Fotobuch, dass ohne sie auskommt. Kein Fotohistoriker, der es unerwähnt lassen kann. Nun hat ein spanischer Historiker Ort und Zeitraum dieser Aufnahme recherchiert und ist auf den Beschiss gekommen. Und das auch noch unter Zuhilfenahme von des Meisters Aufnahmen selbst: Im Februar 2008 wurden Capas Negative aus dem spanischen Bürgerkrieg in Mexiko entdeckt und ausgewertet. Und die bestätigten anhand fotografierter simpler Inszenierungsfehler den Betrug.

So blickt genau jener fallende Soldat einige Aufnahmen vor und nach dem vermeintlichen Todesschuss quicklebendig in die Kamera. Zudem gab es in besagtem Gebiet zum Zeitpunkt von Capas Aufnahmen keinerlei Kampfhandlungen. Heute wäre sowas der Anfang vom Ende einer Karriere als Reportage- geschweige denn Kriegsfotograf. Ein klassischer Verstoß gegen die Berufsethik. Da müssen wohl viele Geschichtsbücher korrigiert werden.

Und nicht nur das: Auch die von Capa mitbegründete weltbekannte Fotoagentur "Magnum" sollte sich in Bescheidenheit üben. Vor allem, was deren Leitsatz unmanipulierter Darstellung des Augenblicks betrifft. Denn gerade diese Agentur gebiert sich bis heute als wahrheits-verwaltender Platzhirsch im Bildjournalistengewerbe und ahndet Manipulationen mit sofortigem Rausschmiss ihrer Fotografen.
Und auch das ohnehin zum Dogma gewordene Credo von der objektiven Wiedergabe der Realität hat Schlagseite bekommen. Aber warum die Aufregung? So was ist doch heute fast Alltag.
Die fatale Antwort lieferte ebenfalls schon vor einigen Jahren der deutsche Journalist Herbert Riehl-Heyse: "Wenn nur noch alles manipuliert und erfunden ist, wenn uns nichts mehr geglaubt wird, steigen die Leute endgültig auf Horrorfilme um – da wissen sie, dass die Zombies mit dem Kopf unter dem Arm echte Lügen sind."

Robert Capa ist beileibe kein Einzelfall. Aber posthum nun der berühmteste und peinlichste. Die Arbeit des spanischen Historikers José Manuel Susperregui über jenes Foto und seine Geschichte ist in dem Buch "Schatten der Fotografie" nachzulesen. Mittlerweile auch in deutscher Übersetzung.

 

(Claus Bach)

 
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Autor: nbv