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Claus Bachs Bildarchiv: Verleimt und zugepappt

05. März 2025 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach
Claus Bachs Bildarchiv, Foto: Claus Bach

Auch am Rosenmontag des Jahres 2025 waren sie unverzichtbar: Die berühmt-berüchtigten Mottowagen der Karnevalsumzüge in Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Mainz. Diesmal hatte sich der Ehrgeiz der Gestalter-Kollektive freilich besonders aufgestaut. In Form sarkastisch plastischer Kommentare zum jüngsten aktuellen Zeitgeschehen. Vor allem wieder einmal in Düsseldorf. Was selbstverständlich auf das Konto des Kult-Wagenbauers Jaques Tilly geht.

Er und seine Crew liefen erneut zur ätzend bunten papp-skulpturalen Hochform auf. Wie immer mit sehr viel Liebe zum Detail. Nachfolgend einige Beispiele: AFD-Frontfrau Alice Weidel lockt als bösartige Tik-Tok-Netzwerk-Hexe aus ihrem Pfefferkuchenhaus junge bereitwillige Erstwähler mit einem braunen Lebkuchen in Hakenkreuz-Form. Nach der Vorab-Besichtigung dieses Wagens erhielt Tilly rasch Drohungen aus der einschlägigen Szene.
Ein neuer Wagen zeigt den fast nackten irren Tech-Giganten Elon Musk. Mit Napoleon-Hut, AFD-Windel und US-Hakenkreuzfähnchen in der Hand flüchtet er sabbernd vor einem Krankenpfleger mit bereit gehaltener Zwangsjacke. Die drei vermeintlich mächtigsten Autokraten sitzen auf ihren monströs aufgequollenen Hodensäcken und klemmen daran fest. Make China, Russia and USA Great Again ist auf denen zu lesen.
Ein Wagen widmet sich speziell dem gegenwärtigen US-Monster-Präsidenten. Aus seinem riesigen rotorange brüllendem Gesichtskopf und den darunter viel zu kleinen Händen speit er in alle Richtungen gelbe Flammen, die schlagwortartig beschriftet sind: Als da wären Annexionen, Massenabschiebungen, Klimazerstörung, und selbstverständlich Zölle.
Dessen quasi thematischer Fortsetzung zeigt der nächste Wagen: Im riesigem Handschlag zerquetschen Russlands und Amerikas lächelnde Frontmänner den blutenden kleinen ukrainischen Präsidenten. „Hitler-Stalin Pakt 2.0" ist vielsagend in weißen großen Lettern auf den Armen der beiden Händeschüttler zu lesen.
Aber auch die aktuelle heimische Politik wird nicht außen vor gelassen, wie ein weiterer Wagen zeigt: Ein viel zu schwacher grauer Esel mit dem Antlitz des künftigen Bundeskanzlers Friedrich Merz muss sich abmühen, einen schwarz-rot- gelben Karren mit acht großen braunen Problem-Säcken zu ziehen. Da kommt einiges zusammen: Migration, Rezession, Schuldenbremse, Trump, AFD, Investitionsstau, Ukraine-Krieg und Bundeswehrfinanzierung. Deren Last zieht den Merz-Esel hoffnungslos in die Höhe. Das ist Satire vom Allerfeinsten.

Apropos Jaques Tilly. In seinen besten Momenten erinnert er bisweilen an den bissig ätzenden Humor des berühmten deutschen Fotomonteurs John Heartfield der 1930iger Jahre. Seit dem 9. Februar 2025 ist nun sein bisheriges Gesamtwerk erstmals in einer Sonderausstellung des Stadtmuseums Düsseldorf zu sehen. Eigentlich war die längst überfällig.

Claus Bach

*** Wir bitten die Qualität der Tonaufnahmen zu entschuldigen. ***

Claus Bachs Bildarchiv: Verleimt und zugepappt

Autor: nbv