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Claus Bachs Bildarchiv: Virale Kobolde
11. Februar 2022 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Seit Anfang März 2020 sind wir bekanntermaßen nicht nur einem neuen Alltag, sondern auch einer veränderten Bilderwelt ausgesetzt. Und wer sich im Netz die Mühe macht, grafische Darstellungen des Coronavirus aufzurufen, wird augenblicklich fündig. Denn sofort tritt ein ganzer Kosmos von bunten, verstörend anzusehenden runden Farbigeln in Erscheinung. Eine Armada grafischer Symbolbilder unterschiedlichster Couleur, die sich in unser visuelles Gedächtnis eingebrannt haben. In der Regel zeigen sie meist eine kleine Kugel, aus der oberflächendeckend kleine Strünke herausragen. Je nach Intention der Grafiker:innen ist jenes runde Etwas orange, blau, braun, bedrohlich schwarz, giftgrün oder neongelb bis rot eingefärbt. Und auch die kleinen polypenartigen Auswucherungen werden verschiedenfarbig angelegt. Wobei meist grelle Dunkelrot- oder Blautöne dominieren. Freilich sind das bildliche Verknappungen, die sich von einer ursprünglich monochromen Grauwert-Darstellung mikroskopischer Aufnahmen des Virus ableiten. Letztere werden dann auch mal in reinen Blau, Grün - oder Orangetönen angelegt. Selbstverständlich ließen auch die grafischen Bemühungen vieler Netzwerk-Aktivisten nicht auf sich warten. Anfangs dominierten orangefarbene Clementinen, welche regelmäßig mit kleinen dunkelbraunen Gewürznelken gespickt wurden.
Später wurden die Zeichner aktiv. Fortan nahm die Tendenz einer Personalisierung zu. Nun bekam das Virus ein Gesicht. Meist als fies grinsender kleiner stacheliger Kobold in grellen Farben, der schonmal ein bedrohlich anzusehendes großes Messer in einem seiner Polypenarme hält. Virus-Comics für Kinder und Erwachsene. Gern auch in Verbindung mit lustig blickenden Smilies. Mit dem Wechsel der jeweiligen Mutationsform geht dann auch einer der Symbolgrafiken einher. In einem Artikel vom 5. Januar 2022 hat die "Deutsche Apothekerzeitung" die Alpha-, Beta-, Delta- und Omikron-Varianten farblich differenziert angelegt: Nun leuchten sie in den Farben cyanblau, neongrün, ultraviolett und zinnoberrot. Nicht dumm. Da geht noch mehr. Auch für unsere Sprache. Denn seit knapp zwei Jahren haben sich auch neue Wörter im Alltag durchgesetzt. Im Speziellen jene der Anglizismen. Eine Gruppe Sprachwissenschaftler kürte das Wort "Lockdown" zum Anglizismus des Jahres 2020. 2021 ist es das Wort "Boostern" geworden. Also jene dritte Verstärkung der Corona-Schutzimpfung. Besonders auffallend ist vor allem die Begründung der Sprachexperten: Das Wort habe einen "optimistischen und dynamischen Beiklang, an den die Auffrischung einfach nicht heranreicht".
Das ist doch mal eine schöne Aussicht.
(Claus Bach)
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