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Claus Bachs Bildarchiv: Völker, hört die Signale

09. Mai 2018 / Radio, Stadtzeit,Mediathek
Verhüllte Bronze-Skulptur des Philosophen Karl Marx in Trier, Foto: Claus Bach
Verhüllte Bronze-Skulptur des Philosophen Karl Marx in Trier, Foto: Claus Bach

Bis zum 04. Mai 2018 verhüllte ein weiße Kunststofffolie die Bronze-Skulptur des Philosophen Karl Marx auf dem Simeonstiftsplatz in Trier. Stunden später wurde jene Verhüllung symbolträchtig gegen eine leuchtend rote ausgetauscht. In Vorbereitung auf die feierliche Enthüllung des umstrittenen Denkmals. Ein Geschenk der Volkrepublik China an die Stadt. Freilich sah das wie eine Arbeit des Verpackungskünstlers Christo im Volksformat aus. Oder ein 4,50 Meter hoher entzündeter Phallus.

Am 05. Mai war es dann soweit. Der mehrstufig gesicherte Platz war flächendeckend mit Publikum und Medienvertretern gefüllt. Einer Zeitkapsel entronnen tauchte ein Demonstrationszug der DKP auf. Massenhaft wurden große rote Fahnen geschwenkt. Auf denen die Köpfe der ehemals führenden Granden der kommunistischen Weltbewegung zu sehen waren. Kompatible Losungen und Arbeiterlieder erklangen. Die Szenerie wirkte wie eine Mai-Demo aus DDR-Zeiten. Allerdings ohne die Konterfeis der damaligen Polit-Führer. Ein peinliches Déjà vu, welches auch nicht von den anschließenden Reden weggetextet werden konnte. Da halfen weder ein rezitiertes Gedicht des berühmten Heinrich Heine noch die aufklärenden Worte des Trierer Oberbürgermeisters und seiner Ministerpräsidentin.

Konkreter wurden dann schon zwei Chinesische Politiker und der Schöpfer des Marx-Monuments, Wu Weishan. Denn die beschworen nicht nur die kongeniale zeitgenössische Umsetzung der Marx'schen Theorie in ihrem Land. Sondern auch die zusammenwachsende Deutsch-Chinesische Freundschaft. Inbegriffen ihrer unendlichen Mühen für den Weltfrieden zum wirtschaftliche Nutzen aller und so weiter. Mehr Pathos war nicht zu machen. Hätte man es nicht besser gewusst, wähnte man sich spätestens nun vollständig in einer Zeitschleife des ehemaligen sozialistischen Lagers. Gefangen im hohlen Pathos verordneter internationaler Arbeiterbewegung. Eine bizarre Situation, die nach der Enthüllung des Denkmals ihren Höhepunkt fand. Denn nun posierten alle benutzerdefinierten Sympathisantengruppen mit roten Fahnen vor ihrem neuen Fetisch. Auf einer war denn auch das berüchtigtste Vierergespann der 1950iger Jahre auszumachen: Marx, Engels, Lenin und selbstverständlich Stalin. Präsentiert von Angehörigen der „Partei der Arbeit".

So hat sich die Geburtsstadt des weltberühmten Philosophen ein zünftiges propagandistisches Trojanisches Pferd ins Haus geholt. Die Alternative eines Wettbewerbs für Kunst im öffentlichen Raum wäre klar die bessere gewesen. Aber nicht annähernd so massenwirksam.

(Claus Bach)

 
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Autor: nbv